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Editorial Virginia Nr. 62 (Frühjahr 2018)

Die Kampagnen, in denen auf Gewalt gegen Frauen aufmerksam gemacht wird, scheinen sich derzeit zu häufen: vom #aufschrei über #metoo bis zu #speakup. Die Analyse dazu lieferte 1975 bereits Susan Brownmiller in ihrem Klassiker Gegen unseren Willen. Vergewaltigung und Männerherrschaft, das jetzt auch wieder verstärkt gelesen wird. Aber es gibt inzwischen auch Initiativen wie #timesup, die daran arbeiten, den unzähligen Worten Taten folgen zu lassen, damit wir uns nicht in Jahrzehnten immer noch damit beschäftigen müssen. Time’s up – die Zeit des Schweigens ist vorbei, ebenso die, in denen Männer mit ihren Übergriffen unbehelligt davonkommen konnten. Mit einem Fonds wird weniger privilegierten Betroffenen Rechtshilfe ermöglicht und das Projekt setzt sich für eine schärfere Gesetzgebung am Arbeitsplatz ein. Die Virginia-Redaktion unterstützt das Aktionsbündnis Verlage gegen rechts, das sich gegen rassistisches, antifeministisches und homofeindliches Gedankengut einsetzt und das für die Leipziger Buchmesse verschiedene Podiumsdiskussionen organisiert hat. Aber es geht nicht nur um Gewalt, sondern auch um das Unsichtbarmachen von Frauen, sei es durch ihre sprachliche Nicht-Benennung oder z. B. in Schulen und Universitäten, wo Werke von Frauen in der Literatur (von anderen Themenbereichen ganz zu schweigen) kaum Erwähnung finden, sowie um Literaturbesprechungen, wo nach wie vor eine Mehrheit von Rezensenten Bücher von Männern bespricht, Rezensionen von Rezensentinnen sind seltener, ebenso wie die Besprechungen von Büchern, die von Frauen geschrieben wurden. Dem möchten wir mit der Virginia auch nach über 30 Jahren nach wie vor etwas entgegensetzen, indem wir ausschließlich Bücher von Frauen rezensieren und damit auf das aufmerksam machen wollen, was sonst gerne ausgeblendet wird. Und es lohnt sich immer wieder zu lesen, um sich über die Situation von Frauen hier und anderswo Gedanken zu machen. Dabei sollten wir die Autorinnen aus der Vergangenheit nicht vergessen, die bereits viel davon analysiert haben, um zu sehen, was sich geändert hat, aber auch, wo immer noch viel zu tun ist. So findet sich dann in dieser Ausgabe eine Rezension eines Buches, das sich mit Simone de Beauvoir beschäftigt.

Gratulieren möchten wir zum einen unserer früheren Verlegerin Christel Göttert zum Kulturpreis 2017 des Kreises Groß-Gerau und zum anderen unserer langjährigen Rezensentin Gabriele Haefs zum Hamburger Förderpreis für Literatur für ihre Übersetzung des Romans »Grabgeflüster / Cré na Zille« von Máirtín Ó Cadhain aus dem Irischen.

Ganz besonders erinnern möchten wir an dieser Stelle an unsere ebenfalls langjährige Rezensentin Christa Mathies, die Anfang Januar verstorben ist.

Viel Spaß beim Lesen!



© Virginia Frauenbuchkritik